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Walpurgisnacht 02

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„Wunderbar, zu Euch wollte ich, was soll ich sagen. Ich habe gehört, Ihr könntet ein paar fröhliche Melodeien vertragen.“

Der Graf blinzelte in die Wolken. An seiner Nasenspitze hatte sich ein Tropfen gebildet. Die Erektion hielt. Tim zwang sich, woandershin zu sehen.

„Wer sagt das denn?“

„Die Leute in der Umgebung.“ Tim zückte seine Gitarre. „Ich gebe Euch mal eine Kostprobe meines Könnens.“ Mit viel Gefühl griff er in die Saiten. „Hier kümmt der Regäään wieder, fällt auf meinen Kopf wie Erinneruuung.“

Augenblicklich wurden die Wolken über der Burg schwarz, Donner rollte. Tim setzte ab und ging selbstbewusst einen Schritt in den Hof hinein. Melodie und Rhythmus hatten sich noch nicht gefunden, jedoch der Ansatz war da, die Schwächen glich sein guter Wille aus. „Gar nicht schlecht. Eins hab ich noch: Weinä nücht wänn där Regään fällt, tam tam, tam tam, es gübt ainnen der zu dir hälllt, tam tam.“

Nieselregen wurde zu einem Platzregen.

Graf von Blankenburg drehte sich um und zischte einem Hund etwas zu. Einer der Hunde jaulte in seiner Ecke des Burghofes unter dem Efeu, der zweite kratzte hektisch an der Tür zum Bergfried. Tim ließ die Gitarre sinken. Das sah gut aus, machte Mut. Beim letzten Mal hatte ihm der Bauer die Hunde hinterher gejagt, jetzt schien der Graf die haarigen Biester ins Haus zu scheuchen. Wenn nur die mittlerweile etwas weicher gewordene Erektion nicht wäre.

„Was haltet Ihr von einer Festanstellung als Hofbarde?“

Der Graf verschwand murmelnd im Burgturm und erschien bald darauf einen Stock höher auf einem Balkon, der vom Palas zugänglich war. Tim hoffte auf eine Handvoll Groschen, schmetterte deshalb voller Inbrunst ein weiteres Stück aus seinem Repertoire.

„Warum regnet es immäher auf mich... halallala... vielleicht log ich, als ich 17 wahaar...“ Ein erneuter Donner rollte, während ein Schwall Wasser auf ihn niederplatschte. Dicht neben ihm schlug der Blitz ein. Tim rettete sich mit einem beherzten Sprung zur Seite.

„Der Wahnsinn fährt mir ins Hirn, Spielmann“, knirschte Botho trocken zwischen den Zähnen hervor. Seine linke Hand krallte sich in die Brüstung, die andere tastete nach etwas dahinter. Wollte der Graf jetzt etwa vor den Augen des Spielmanns ein Ritterturnier mit seiner Lanze veranstalten? „Seit einem halben Jahr hört es nicht mehr auf zu regnen, und jetzt weiß ich warum.“ Bei den letzten Worten war er laut geworden.

„Nicht aufregen, Graf von Regenstein.“

„Blankenburg.“

„Nun gut. Wo ein Tropfen fällt, fällt kein zweiter, seht, was also kümmert es Euch weiter, wenn Regen fällt, wo ich singe, wenn es sowieso regnet, wo Ihr steht.“

„Weil da wenigstens nicht der Blitz einschlägt.“

Tim schüttelte missmutig Wasser aus der Gitarre.

„Es ist mein Gesang, sagt es mir ins Gesicht, seid nicht bang, er gefällt Euch nicht.“

„Spielmann, du kannst nicht singen, und es würde mich wirklich stören, den Rest meines Lebens damit zu verbringen, mir dein Geheule anzu...“ Der Alte stutzte, fuhr fort. „...tun.“ Mit einem Griff zur Seite holte er etwas hervor, das einer Keule ähnelte, Schlimmeres verhieß der Lichtreflex. Das sah nicht nach einem Turnier aus.

„Schon in Ordnung.“ Tim ging langsam rückwärts zum Burgtor, drehte sich um und rannte die Brücke hinab in den Wald. Der Graf rief ihm etwas Unverständliches hinterher, dann hörte es auf zu regnen. Kein guter Verlauf des Gesprächs, irgendwo hatte der Spielmann die Oberhand verloren. Woher kam bloß diese Aggression, woher diese Ablehnung? Unzufriedenheit mit sich selbst musste der Grund sein, Tim hoffte auf mehr Verständnis für seine Kunst in Blankenburg.

Der Abend legte sich über das Land. Ein Bauer kurz vor der Stadt stellte lediglich eine Bedingung: Wollte Tim im Heuschober schlafen, durfte er nicht singen. Er fürchtete, den Kühen würde die Milch im Euter sauer werden.

Eine der drei Töchter des Bauern zeigte ihm mit einer Laterne den Weg über den dunklen Hof. Ihr runder, sehr weiblicher Körper steckte in einem schlichten braunen Kleid, das über ihren festen Schenkeln endete. Sie hatte sich weder von ihm noch von seiner Musik sehr beeindruckt gezeigt, und das war vermutlich auch der einzige Grund gewesen, warum der Bauer nicht darauf bestanden hatte, den Sohn mitgehen zu lassen.

„Jubelt man Euch sonst denn zu?“

„Der Erfolg lässt mir bislang noch Ruh.“

Sie lachte leise. Unter seinen Füßen knirschte der Sand. Die Luft war frisch aber nicht kühl. In der Ferne heulte ein Wolf. Es machte ihm nichts mehr aus. Wölfe hatten seit dem heutigen Tag ihren Schrecken verloren. Schließlich erreichten sie den Heuschober. Das Mädchen schob den Holzriegel zur Seite und öffnete die knarrende Tür. Die Laterne entriss den nach Heu duftenden Raum nur einige Fuß weit der Dunkelheit. Gleich rechts führte eine Leiter zum Heuboden.

„Da geht's hoch“, sagte sie und schwenkte mit der Laterne. „Ich mach Euch Licht. Eine Decke haben wir leider nicht.“

Sie stutzte. Tim bedankte sich und setzte einen Fuß auf die Leiter. Hoffentlich blieb sie so lange, bis er oben war. Bei seinem Glück trat er im Dunkeln ins Leere und stürzte.

„Ich spiel auch ein Instrument“, hörte er sie hinter sich sagen. Tim drehte sich um. Sie stand mit großen Kuhaugen im sanften Licht der Laterne. „Die Flöte. Und zwar recht gut. Aber nur mein Bruder will es hören.“

„Der Glückspilz.“

„Ich mag auch andere Instrumente. Meine Schwestern spielen mir häufig etwas vor.“

„Deine Schwestern...“

„Ja, manchmal, wenn unsere Eltern auf dem Feld sind oder wir gemeinsam zur Stadt gehen. Wir sind ziemlich gut zusammen.“

Tim brach der Schweiß aus.

„Ja, aber manchmal wünsche ich mir ein anderes Publikum.“

„Kann ich verstehen.“ Tim räusperte sich. „Also, du kannst mir gerne etwas vorspielen. Auch mit deinen Schwestern.“

„Seid ihr nicht zu müde vom Wandern, um zuzuhören?“

„Ich bin das lange Wandern gewohnt.“

„Es könnte aber etwas länger dauern. Unsere Eltern müssen erst schlafen.“

„Ihr könnt mich gerne wecken.“

Sie wartete, bis Tim von der letzten Sprosse der Leiter gestiegen war und verließ dann die Scheune. Schlagartig wurde es dunkel. Überall knackte und knarrte es in der Scheune. Das Schreien eines Uhus klang verdächtig nahe. Im Stall nebenan schnauften Tiere. Waren die Kühe nicht auf der Weide?

Tim strich über die Saiten seiner Gitarre, die langsam wieder trocken wurde, zugedeckt mit seinem Mantel, fragte sich, was das Mädchen wirklich gemeint hatte, als es vom Musizieren gesprochen hatte. Vielleicht standen die drei Schwestern gleich mit Flöten und Trommeln in der Scheune. Und nicht den Kühen, sondern ihm würde dann die Milch im Euter sauer. Das Heu stach, die Luft war stickig, und doch schlief Tim bald ein, um davon zu träumen, am Hofe des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel alle Frauen des Schlosses mit dem Spiel auf seiner Gitarre und seinem Gesang an seine Lippen zu fesseln.

Rascheln und Kichern weckte ihn. Dann trippelten Füße auf der Leiter.

„Wo seid Ihr“, flüsterte eine Stimme ganz nah.

„Hier“, antwortete Tim leise, kurz bevor ihn die ersten Hände am Bein berührten.

„Wir dürfen kein Licht machen. Das Stroh ist zu trocken. Aber zum Musizieren braucht man ja kein Licht, oder?“

Tim brummte verschlafen. Wie spät es wohl sein mochte? Eigentlich war ihm jetzt mehr nach Schlafen zumute als nach Musik.

„Meine Schwestern sind auch da.“

Kichern. Rascheln. Die Hände blieben, obwohl sie ihn gefunden hatten, an Ort und Stelle, wanderten über das Knie noch höher. Wieder Kichern und Flüstern. War da nicht auch eine tiefe Stimme dabei?

„Wir sind ganz aufgeregt, dass wir für Euch spielen sollen.“

Tim rieb sich die Augen. Die Dunkelheit blieb vollkommen. Jemand band sein Hemd auf. Andere Finger zappelten am Bund seiner Hose. Sein Herz pochte aufgeregt. Wieder raschelte es im Stroh, und diesmal mischte sich das trockene Rascheln von Leinen darunter. Dreistimmiges Kichern. Oder sogar vierstimmiges? Wie viele Personen waren auf dem Heuboden?

„Soll ich Euch zeigen, wie gut ich Flöte spielen kann?“

„Ja“, sagte Tim nur, und dann wurde ihm ein Konzert geboten, das dem Hofe des Herzogs würdig gewesen wäre. Auf sein Gesicht presste sich ein weibliches Instrument, das er mit seiner geübten Zunge zum Klingen brachte, und seine Hände spielten in feuchten Spalten das Lied der Lust. Noch bevor das Flötenspiel seinen Abschluss fand, kam es zu einem Duett, und bald keuchten und stöhnten die Musikanten auf dem dunklen Heuschober in allen Stimmlagen.

„Nimm das Öl“, hörte er es bald flüstern, obwohl ihm zwei feste Schenkel auf die Ohren drückten und im vor lauter Schmatzen und Schlecken die Sinne vergangen. Gleich darauf spürte Tim dort, wo die Tochter des Bauern auf ihm saß, Hände und Finger und Öl und Bewegung, und es wurde im Bass gebrummt und Sopran gesungen und er wusste, dass sie im nicht nur im Quartett sondern im Quintett Musik machten. Die ganze Nacht wurde mehrstimmig gespielt, und als der Morgen graute und die Geschwister den Heuboden verließen, hatte Tim längst erfahren, wie gut auch der Sohn des Bauern sein Instrument beherrschte.

Erschöpft und glücklich schlief Tim mit seiner spanischen Gitarre im Arm im weichen Heu ein.

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3 Kommentare
sublerasubleravor mehr als 13 Jahren

irgendwie ist mir jetzt der bezug zum ersten teil abhanden gekommen.

fuer die witzige stelle mit dem fliegenden wolf gibt es die drei sterne *smile*

hankathihankathivor mehr als 15 Jahren
Mit wohldosierten Ferkeleien...

...Tust Du mich wieder mal erfreuen,/ Drum lass' ich mich nicht lange bitteln,/ will flugs Dir ein paar Verse knitteln:/ Du führst uns in vergang'ne Zeiten/ und streust skurrile Albernheiten;/ die Story gut, die Atmo dicht,/ die Prosa fein, die Lyrik nicht,/ denn hin und wieder sah vom Versmaß/ man allenfalls ein Wölkchen Abgas./ Das Metrum, es gab Fersengeld!/ Der Lesefluss, er ward entstellt!/ Da muss ich die Erkenntnis teilen/ (man sieht es auch an diesen Zeilen),/ fürs Reimen gilt so dann und wann:/ Man lasse es, wenn man's nicht kann./ Beim Wolfweitwurf und Regenmachen/ musst' ich dagegen Tränen lachen./ Du bist echt supi als Erzähler,/ Huglu, alter Wölfequäler!

AnonymousAnonymvor mehr als 15 Jahren
schöne idee

und gute umsetzung. gern auch etwas mehr von dem guten alten reinraus...

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